Opernfantasie

ITALIENISCHE CAPRICCI – Jaime González & die Camerata degli Amici

Es gibt ein Italien, das nicht in Klischees lebt, sondern im anhaltenden Echo einer kollektiven Vorstellung. Es ist das Italien des Belcanto: reflektiert, wiederholt, in Klangarabesken verwandelt, die sich selbst verfolgen. Jaime González und seine „Camerata degli amici“ begleiten uns in dieses musikalische Labyrinth, in dem jedes Stück ein Spiegel des anderen zu sein scheint, Variationen desselben melodischen Traums.
Alle Stücke auf dem Programm gehören zu jener Schule des musikalischen Denkens, die „Capriccio“ zu einer stilistischen Geste macht: brillante Variationen, melodische Arabesken, eine Klangtextur, die Opernthemen mit gewagten technischen Passagen verwebt, die die absolute Meisterschaft des Instrumentalisten zeigen sollen. Hinter dem Schwindel der Klänge taucht jedoch eine Art verzauberte Wiederholung auf, so als ob die musikalische Sprache, obwohl sie ihr Gewand wechselt, ein Gefangener der gleichen lyrischen Obsession bleibt.

Auf dem Programm:

– Giovanni Paggi – Rimembranze napolitane
Ein Medley aus neapolitanischen Arien und ornamentalen Kadenzen, das die Gesangstradition Süditaliens auf eine fast nostalgische Weise nachzeichnet. Die Komposition bleibt der gewundenen melodischen Linie treu, die ein Markenzeichen von Bel Canto ist.
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– Giovanni Paggi – Bellini’s Souvenir
Hier ist die Komposition intimer: die Oboenlinien scheinen den Atem von Bellinis Gesang einfangen zu wollen, mit langen melodischen Bögen und sanften Schnörkeln, die die stimmliche Reinheit der romantischen Oper heraufbeschwören

– Amilcare Ponchielli – Capriccio
Ein formal „freies“, aber stilistisch diszipliniertes Stück: ein Spiel mit thematischen Motiven und engen Dialogen zwischen Oboe und Streichern, bei dem sich lyrische Momente mit Abschnitten straffer Virtuosität abwechseln, die jedoch immer im Opernmodell verankert sind.

– Antonino Pasculli – Ricardo di Napoli
Der technische Höhepunkt des Programms: Pasculli, der als „Paganini der Oboe“ bekannt ist, konstruiert ein Labyrinth aus Variationen, Schwüngen und schwindelerregenden Tonleitern, die sich trotz ihrer Komplexität um die Melodien der Oper drehen und sie in eine reine technische Leistung verwandeln.

Und dann Martina Higuera, die in ihrer Fantasia über Bottesinis „La Sonnambula“ den Kontrabass in eine intime Bühne verwandelt: ein Werk, das Bellini-Motive getreu mit Episoden raffinierter Virtuosität verwebt und die doppelte Seele dieser Musik bestätigt – Aufführung und Erinnerung.

Genau das ist die wahre italienische Laune: eine hypnotische Verfolgungsjagd von Klangbildern, Musik, die sich nicht damit begnügt, zu erzählen, sondern die Idee Italiens selbst verkörpern will – fast bis zur Verlorenheit.

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